
Viktoria-Garten und Kino Charlott - Arbeiter:innenbewegung Potsdam
Viktoria-Garten-Restaurant und Kino Charlott – ein bedeutender Ort der Arbeiter:innenbewegung in Potsdam
Am 12. September 2023 luden die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg e.V. und die Fraktion Sozial.DIE LINKE Potsdam gemeinsam zu einer Diskussionsveranstaltung mit einführenden Vorträgen von Thomas Sander, Architekt und Bauhistoriker, Jeanette Toussaint, Ethnologin und Autorin, sowie Uwe Klett von der Geschichtswerkstatt Rotes Nowawes ein. Über 50 interessierte Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung und diskutierten intensiv über die Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes am Bahnhof Charlottenhof. Das stadtteilprägende ehemalige Kino Charlott steht seit 1998 leer und wurde 2003 an einen privaten Eigentümer verkauft, der das seit nunmehr 25 Jahren leerstehende Gebäude einfach verfallen lässt (Foto).
Thomas Sander stellte den historischen Ort vor - galt doch der „Viktoriagarten“ als größte Versammlungsstätte der Arbeiter:innen von 1890 bis zur Novemberrevolution 1918 mit prominenten Rednern wie August Bebel. Auch Karl Liebknecht hielt am 15. Januar 1901 seine erste Rede in Potsdam genau hier.
Jeanette Toussaint betrachtete die 1912 beginnende Geschichte des Gebäudes als Lichtspieltheater „Charlott“ und Uwe Klett stellte die wichtigsten Stätten der Arbeiterkulturbewegung in Nowawes (Babelsberg) gestern und heute vor. Es wurden zahlreiche Ideen zur Erinnerungskultur rund um die Geschichte des Hauses genannt: die Wiederanbringung der verschollenen, denkmalgeschützten Gedenktafel, die Notwendigkeit einer fachlichen Publikation, regelmäßige Veranstaltungen, temporäre Lichtinstallationen. Die Anwesenden wollen die Ideen weiter voranbringen und umsetzen. Die anwesenden Vertreter des Vereins Brandenburger Vorstand e.V. haben ihre Unterstützung in Aussicht gestellt.
Wie auf meine wiederholte Nachfrage von der Bauverwaltung mitgeteilt, wurde im Sommer 2023 die Baugenehmigung für die Sanierung des Baudenkmals erteilt sowie die Genehmigung für die vom Eigentümer vorgesehene Umnutzung des Gebäudes von einem ehemaligen Kino zu einem Supermarkt.
Von den Teilnehmende wurden viele Fragen zur erteilten Baugenehmigung gestellt und Zweifel an der Umsetzung des genehmigten Verkehrskonzeptes geäußert. Statt eines Supermarkts wurde eine eher sozio-kulturelle Nutzung des Gebäudes vorgeschlagen bzw. gewünscht.
Das Informationsinteresse und die Zweifel der Bürger:innnen aufgreifend, hat die Fraktion Sozial.DIE LINKE einen Antrag gestellt, mit dem Ziel, dass die Verwaltung die interessierten Bürger:innen über den Sachstand informieren und Fragen dazu beantworten soll. Der Antrag wurde am 08.11.2023 von der Stadtverordnetenversammlung mit großer Mehrheit beschlossen.
Als Fraktion sind uns mögliche negative Auswirkungen eines ortsnahen Supermarkts auf die in der Geschwister-Scholl-Straße ansässigen Einzelhändler bewusst. Wir fordern, dass die Verwaltung erläutert, dass der neue Supermarkt nicht zur Verdrängung der Einzelhändler führen wird.
Es braucht weiterhin das gemeinsame Engagement der Stadtgesellschaft und der Stadtpolitik, um das wichtige Baudenkmal zu sichern und zu erhalten und eine quartiersbezogen bereichernde Nutzung zu erreichen.